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Corona-Stress? 6 Achtsamkeitsübungen für den Lockdown

Foto: pexels.com

Achtsamkeitsübungen ist momentan in aller Munde und gefühlt aktueller den je. Auch die Sozialarbeiterinnen Larissa, Natalie und Motologin Lea beschäftigen sich regelmäßig mit dieser Thematik, denn besonders in Zeiten des Corona-Lockdowns und damit einhergehender Isolation, Stress und Angst hat Achtsamkeit den Dreien persönlich im Alltag, aber auch ihren Klient*innen und Patient*innen ein Stück Sicherheit, Erdung, Ruhe und Fokussierung bringen können. Ihre Favoriten unter den Achtsamkeitsübungen teilen sie hier mit Euch.

Achtsamkeit – was ist das nochmal?

Achtsamkeit ist eine Methode, mit der du tatsächlich dein Leben verändern kannst. Das bedeutet nicht, dass du all die unangenehmen Dinge deines Lebens verschwinden lassen kannst – schön wär’s.

Mit Achtsamkeit ist vielmehr die Herausforderung gemeint, uns Auszeiten zu nehmen von unserer tief verwurzelten Gewohnheit, Situationen zu analysieren und als „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten. Es geht darum, deine Fähigkeiten des Bewertens und Kategorisierens für einen Augenblick loszulassen und stattdessen den Moment mit allen Sinnen wahrzunehmen – innezuhalten.

Wie oft werden wir im Alltag von unseren zahlreichen Gedanken mitgerissen, denken an die Vergangenheit, sorgen uns um die Zukunft und vergessen, wo wir uns gerade befinden. Den Großteil der Zeit funktionieren wir im – häufig auch effektiven und hilfreichen – Autopilot-Modus, ohne den gegenwärtigen Augenblick bewusst wahrzunehmen. Dies wirkt sich deutlich auf unsere Lebensqualität aus und wie wir uns mit diesem verbunden fühlen.

Achtsamkeit bedeutet wach, aufmerksam und frei von Bewertung sein. Du hast recht: Leichter gesagt, als getan! Aber du kannst es üben und nicht erst, wenn es schwierig ist, sondern wenn es dir gerade gutgeht.

Wann soll ich das denn noch unterbringen?

Wir können dich beruhigen. Achtsam zu sein, muss dir nicht die Zeit zur Erledigung anderer Dinge nehmen. Du kannst das wunderbar in deinen Alltag integrieren und ganz einfach zwischendurch üben – ohne dass es Extrazeit in Anspruch nimmt.

Je nach deiner zeitlicher Kapazität, Interesse, Geduld, Energie und Konzentrationsfähigkeit haben wir dir verschiedene Übungen herausgesucht, die einen unterschiedlichen Zeitumfang und Inhalt haben. Denn wir haben beim Ausprobieren festgestellt: Was für die eine die absolute Entspannung ist, treibt die Andere nach zwei Minuten zur absoluten Weissglut.

Wir wünschen dir viele bewusste, erkenntnisreiche und sinnliche Momente.

Achtsamkeit ohne „Extrazeit“

Übung 1: Achtsam Zähne putzen

Nimm deine Zahnbürste zur Hand und schau sie dir zunächst einmal an. Vielleicht streichst du mit den Fingern über die Borsten und nimmst wahr, wie sie sich anfühlen.

Dann gib etwas Zahnpasta auf die Bürste. Halte sie näher an die Nase und rieche daran. Wenn du den Geruch wahrgenommen hast, beginne nun mit dem Putzen. Nimm diese Handlung 3 Minuten lang mit all deinen Sinnen wahr. Rieche, schmecke, schaue, fühle und höre genau hin.

Versuche dich nur darauf zu konzentrieren. Wenn sich andere Gedanken aufdrängen, nimm sie ganz wertfrei wahr und schiebe sie dann wieder von dir weg. Jetzt und Hier geht es nur darum, dass du dir die Zähne putzt.

Übung 2: Achtsam atmen

Dich auf den eigenen Atem einzulassen und ihn zu fokussieren, ist ein wirksamer Schritt zum achtsamen Leben. Es hilft dir in die Gegenwart zurückzukehren.

Spüre, wie die Luft durch deine Nasenlöcher eintritt und herausströmt, deine Brust sich hebt und wieder senkt. Lege eine Hand auf deinen Bauch und fühle, wie er sich bewegt, während du atmest.

Sobald sich andere Gedanken aufdrängen, schiebe sie behutsam zur Seite.

Übung 3: Achtsam frühstücken

Iss – und tu nichts anderes. Lies weder die Zeitung noch schaue, was das Fernsehen zu bieten hat.

Konzentriere dich nur auf das Essen: Wie schmeckt es? Wie riecht es? Wie fühlt es sich in den Händen und im Mund an? Was siehst du?

Nimm jeden Bissen achtsam zu dir.

Achtsamkeit für Zwischendurch

Übung 4: Die Achtsamkeitsliste (10 Minuten)

Schreib dir eine Liste von Dingen, die du an einem normalen Tag vom Aufstehen bis zum Einschlafen tust. Jetzt stelle dir die Fragen:

Wie viele dieser Aktivitäten hast du bewusst, ohne mit den Gedanken abzuschweifen, durchgeführt?
Wie aufmerksam warst du in jeder einzelnen Situation wirklich?
Welche Aktivitäten möchtest du gerne bewusster angehen?

Suche dir eine Alltagsaktivität aus und führe diese eine Woche lang achtsam durch. Das kann z.B. spülen, duschen, gehen, sitzen, essen, trinken oder die Natur um dich herum bewusst wahrzunehmen, sein.

Übung 5: Die Gehmediation (15 Minuten)

Eine Meditation in Bewegung kann dir helfen, innere Ruhe wieder zu finden und Stress abzubauen. Die Gehmeditation kann an einem ruhigen, sicheren Ort unterschiedlich lang durchgeführt werden –wobei du mindestens 5 Minuten üben solltest, um einen beruhigenden Effekt zu erleben.

Das Gehen im Alltag passiert meist unbewusst und wird als selbstverständlich angenommen. Während der Gehmeditation richtest du nun bewusst deine gesamte Aufmerksamkeit auf deinen Gang und die damit verbundenen Körperempfindungen und Gefühle. Beginne zunächst im ruhigen Stand und versuche dich auf den Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden zu fokussieren.

Stelle dir vor, du „verwurzelst“ dich mit dem Boden. Spüre deine Ferse, die Zehen, sowie die Außen- und Innenkanten der Füße. Komme mit deiner Aufmerksamkeit voll und ganz in diesem Moment und im eigenen Körper an.

Dann mache deinen ersten Schritt und nehme wahr, wie sich der Fuß vom Boden löst und vor dir langsam wieder über die Ferse bis zu den Zehenspitzen abrollt. Setze einen Fuß vor den anderen und nimm jeden einzelnen Schritt wahr als wäre es dein Erster.

Wahrscheinlich wird sich deine Aufmerksamkeit nach einigen Schritten immer wieder auch anderen Dingen zuwenden, wie zum Beispiel Gedanken die dir in den Kopf kommen. Dies ist völlig normal und in Ordnung. Wenn du abschweifst, nimm es wahr und lenke bewusst deine Aufmerksamkeit wieder zurück zu deinem Gang.

Spüre wie sich dein Gewicht von einem Fuß auf den Anderen verlagert und welch enorme Gleichgewichtsleistung du bei jedem einzelnen Schritt leistest. Sag dir immer wieder „Ich gehe ohne Ziel. Es gibt nichts weiter zu tun, als einen Fuß vor den Anderen zu setzen“.

Übung 6: Die Schokoladenmeditation (15 Minuten)

Dich mit voller Aufmerksamkeit einem Stück Schokolade oder einer anderen Süßigkeit widmen? In der Schokoladenmeditation geht es darum, die Nahrungsaufnahme bewusst zu gestalten.

Deshalb schaffe dir eine ruhige, ungestörte Atmosphäre und nimm dir zunächst Zeit anzukommen. Schaue dir im nächsten Schritt die Schokolade genau an. Wie sieht sie aus? Welche Form hat sie? Fällt dir etwas auf, was dir vorher noch nicht aufgefallen ist?

Während du die Verpackung der Schokolade öffnest, nimm den Geruch wahr. Wie riecht sie? Erinnert der Geruch dich an etwas? Sind Gefühle mit dem Geruch verbunden, die jetzt ausgelöst wurden? Verweile einen Augenblick in der reinen Wahrnehmung des Geruchs und genieße ihn.

Anschließend nimm die Schokolade in die Hand und fahre über die Oberfläche mit deinen Fingern, Lippen und deiner Nase. Schau dir die Schokolade ganz genau an. Wie ist die Form, die Farbe, gibt es Unebenheiten oder sonstige Auffälligkeiten? Verändert sich der Geruch?

Vielleicht bemerkst du langsam Ungeduld oder verspürst, wie dir das Wasser im Mund bereits zusammenläuft? Auch wenn du dich dabei ertappst mit den Gedanken abzuschweifen, nimm dies einfach wertfrei wahr und lenke deine Aufmerksamkeit wieder zurück zur Schokolade.

Nun ist es soweit, du kannst dir endlich ein Stück Schokolade auf die Zunge legen und sie dort einfach beobachten, wie sie ganz langsam anfängt zu schmelzen. Ertaste das Stück mit deiner Zunge, bewege es langsam im Mund hin und her. Vielleicht bemerkst du den Impuls zu beißen oder das Stück direkt runterschlucken zu wollen. Versuche diesem Impuls zu widerstehen und konzentriere dich auf den Geschmack, der sich im Mund ausbreitet.

Erst wenn die Schokolade sich auf deiner Zunge komplett verflüssigt hat, schlucke es langsam und bedacht herunter. Spüre wie die Schokolade langsam die Speiseröhre herunterrutscht und einen leichten Schokoladenfilm auf der Zunge hinterlässt.

Bist du dabei?

Vielleicht hört sich das Ganze zunächst komisch an, aber probiere es doch einfach mal aus. Beschenk dich selbst mit ein bisschen Zeit, in der du dich nur auf dich und eine Aktivität beziehst. Du hast nichts zu verlieren.

Achtsamkeit bringt uns bei, die kleinen Freuden des Lebens wahrzunehmen, uns diesen bewusst zuzuwenden und sie nicht einfach vorbeiziehen zu lassen. In unserer Konsumgesellschaft, in der es stets darum geht, mehr zu haben und zu erleben, ist die Fähigkeit, das Hier und Jetzt und die kleinen, unaufgeregten Momente, zu schätzen und zu genießen, einfach Gold wert.

Wir sind gespannt, wie es sich für dich anfühlt, das Leben bewusster wahrzunehmen.

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