Somewhere in between – Ein Fotoprojekt über Depressionen
Anne Puhlmann hat sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit mit dem Lebenskampf verschiedener Personen, die eine Depression oder eine depressive Phase erlebt haben, auf künstlerische Weise auseinandergesetzt. Hier gibt sie Einblick in ihre fotografische und aufklärende Arbeit.
Wie soll man an etwas glauben, das überwiegend unsichtbar ist? Etwas, das in einem Satz nicht zu erklären ist, weil die Psyche unendlich ist. Etwas, das nicht in ein Synonym zu zwingen ist, sondern sich nur durch eine Reihe von Metaphern umschreiben lässt.
Die Depression ist für den, der sie nicht kennt, ein schwer vorstellbarer Zustand. Viele sehen sie als eine Phase, die wieder vorbei geht. Aber was ist, wenn dich diese Phase Wochen, Monate, Jahre oder sogar schon dein ganzes Leben lang begleitet?
Wenn aus ein wenig “Trübsal blasen” Folgendes wird: Wenn du nicht mehr du selbst bist, sondern einer fremden Kraft ausgeliefert. Wenn du andauernd müde bist. Wenn du nur noch für dein Umfeld funktionierst. Wenn du keine Freude empfindest, keine Hoffnung mehr hast. Wenn absolut nichts mehr von Bedeutung ist.
Wenn du so tief in einer Depression drin steckst und keinen Ausweg findest?
Trotz steigender Fallzahlen wird das Thema weiterhin tabuisiert. Die meisten Menschen wissen nur wenig über Depressionen. Fakten werden mit Halbwissen durcheinander gebracht. Das Resultat sind Vorurteile und Missverständnisse.
An erster Stelle steht die Depression für Schwäche und persönliches Versagen. Depressionen spielen sich im Verborgenen ab, Nicht-Betroffene verwechseln die Krankheit oft mit Trauer. Wenn jemand leidet, so soll das schließlich einen handfesten Grund haben.
Wer depressiv ist, gilt in der Gesellschaft als weniger belastbar, weniger stressresistent und damit als weniger leistungsfähig. Viele Betroffene leben daher – aus Angst vor dem Stigma und durch Abneigung und Unverständnis der Außenstehenden – noch verstärkter in Isolation.
Doch eine Depression hat viele Facetten, sie ist nicht nur schwarz und weiß. Jede Depression ist anders und jede betroffene Person geht unterschiedlich damit um. Vielleicht ist sie deswegen so schwer zu begreifen für Nicht-Betroffene.
Weil nicht jeder Betroffene dem Stigma entspricht. Manche Menschen leiden unter leichten Depressionen und sind nahezu lebensunfähig, andere haben schwere Depressionen und sind dabei sehr leistungsfähig und produktiv. Einige Menschen „funktionieren“ immer irgendwie. Das heißt aber nicht, dass sie nicht leiden.
Matt Haig schrieb einmal: “Man kann depressiv und glücklich sein, genau wie man ein trockener Alkoholiker sein kann.”
Meine Bachelorarbeit “Somewhere in between” handelt in erster Linie vom Lebenskampf verschiedener Personen, die eine Depression oder eine depressive Phase erlebt haben. Die Aufklärung des Krankheitsbildes entsteht durch Aussagen der Betroffenen, die ihre Symptome und Phasen, sowie verschiedene Therapiemöglichkeiten beschreiben.
Letztlich wird versucht die komplexen Vorstellungswelten einer Depression zu erklären und zu interpretieren, sowie die innere und äußere Realität eines Depressiven darzustellen.
Dieses Fotoprojekt soll Nicht-Betroffenen die Krankheit näher bringen, um einen offeneren Umgang mit Depressionen zu erreichen sowie das Verständnis für die Krankheit zu verbessern. Nicht-Betroffene sollen für das Thema sensibilisiert werden. Dazu gehört auch die wichtige Klarstellung, dass ein Mensch nach erfolgreicher Therapie in der Lage ist, ein gesundes Leben zu führen.
Ein offener Umgang mit Depressionen sollte in der Gesellschaft als ein Zeichen der Stärke gesehen werden. Denn die Depression kann jeden treffen.