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Schon davon gehört? Tabea über „Die Stille zwischen den Sekunden“

Foto: Tabea Neu

In unserer Reihe „Schon davon gehört?“ teilen wir Bücher, Musik, Filme oder Serien, die uns persönlich berühren und von denen wir glauben, dass mehr Menschen sie kennen sollten, weil sie psychische Erkrankungen und mentale struggles greifbarer und verständlicher machen.

„Mir war das alles zu kompliziert: die Katzen, die nicht kamen, wenn man sie brauchte, die Welt, in der Menschen für ihre Götter andere töteten, die Erwachsenen, die sich entweder zu wenig oder zu viel um ihre Kinder sorgten, die Liebe, die entweder gar nicht oder zur falschen Zeit oder vom falschen Menschen kam, ach, das ganze Leben an sich.“

Tania Witte hat 2019 ein Buch veröffentlicht, das bei vermutlich allen Lesenden bis heute nachklingt. „Die Stille zwischen den Sekunden“ ist eine Geschichte über Freundschaft und Trauer und die Vergänglichkeit des Lebens. 

Auf dem Heimweg von einem Treffen mit ihrer besten Freundin Sirîn entgeht die Protagonistin Mara nur durch einen schicksalhaften Zufall einem Bombenattentat in der U-Bahn. Ab diesem Moment verändert sich alles. 

Zuhause sind alle in Sorge um sie, in der Schule sprechen ihre Mitschüler*innen nur noch über die schreckliche Katastrophe und ihr heimlicher Crush Chriso scheint sich plötzlich für sie zu interessieren. In all dem Chaos wendet sich Mara an ihre beste Freundin, aber Sirîn hat selbst eine Menge Stress zuhause und meldet sich immer seltener, bis sie irgendwann gar nicht mehr zu erreichen ist. Diese Entwicklung beunruhigt Mara so sehr, dass sie alles dafür tut, um mit ihrer Freundin in Kontakt zu kommen, doch überall stößt sie auf verschlossene Türen, ja sogar auf Verständnislosigkeit und Zurückweisung. Erst als sich Chriso in die Suche einmischt, begreift Mara langsam das volle Ausmaß der Situation. 

Die „Stille zwischen den Sekunden“ nimmt uns mit in die Gedanken- und Gefühlswelt einer jungen Protagonistin, die irgendwie versucht, die Geschehnisse in ihrem Leben zu verarbeiten. Dabei werden wir Lesenden mit allerhand Themen konfrontiert, die von Familie und Herkunft über Freundschaft und Verliebtheit bis hin zu Verlust und Traumabewältigung reichen. Durch eine alltagsnahe Sprache und authentische Charaktere kommen wir der Hauptfigur so nah, dass wir sie unmittelbar durch ihren Frust, ihre Verzweiflung und letztendlich ihre Trauer begleiten. 

Denn wie lebt man weiter als Überlebende:r? Welche Gedanken und Emotionen begleiten einen und wie geht man mit ihnen um? Genau diese Fragen werden in Wittes Roman beleuchtet – mit dem Ergebnis: Es gibt darauf nicht die eine universelle Antwort. Im Gegenteil: Jeder Mensch verarbeitet anders und dabei gibt es kein Richtig oder Falsch.

„Die Stille zwischen den Sekunden“ ist keine leichte Kost und wer sich dem Buch widmet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Geschichte eine nachdenkliche Schwere hinterlässt. Gleichzeitig lohnt sich die Reise bis zur letzten Seite, da sie eine so unvorhersehbare Wendung nimmt, dass man den Roman am liebsten gleich noch einmal von vorne lesen würde – allerdings mit einem völlig neuen Blick.

Die Stille zwischen den Sekunden von Tania Witte | 2019

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