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Phil-osophie am Freitag

Heute ist Freitag! Das ist grundsätzlich schon mal eine schöne Sache.

Haben Sie sich heute schon geärgert, dass etwas schief gelaufen ist? Damit sind Sie nicht allein. Lassen Sie mich Ihnen kurz von einem Kerl erzählen, dem heute vor genau 84 Jahren – es war übrigens auch ein Freitag – ein ziemliches Missgeschick passierte. Alexander Flemming war damals eigentlich ein ziemlich angesehener Forscher, aber wie das so ist, Fehler passieren jedem. Unser Freund – und Sie werden gleich feststellen, er ist auch Ihr Freund – forschte damals an einem großen Institut an den kleinsten Lebewesen, die wir kennen: den Bakterien. Dieser Herr Flemmig entdeckte am Freitag den 28.09.1928, am Ende seiner ersten Arbeitswoche nach dem Herbsturlaub, dass einer seiner Versuche, die er während seiner Abwesenheit hatte ablaufen lassen, nicht so verlaufen war, wie geplant. Genaueres ist nicht überliefert, aber ich nehme mal stark an, dass Herr Flemming vielleicht so kurz vorm Urlaub nicht ganz so konzentriert arbeitete, wie man es normalerweise tun sollte, wenn man mit infektiösen Viechern hantiert, und so kam es, dass durch irgendeine Unreinheit im Versuchsaufbau auch ein Pilz mit in die Petrischale geriet. Eine verunreinigte Bakterienkultur! Das ist so ziemlich das Mistigste, was einem Forscher in einem Labor passieren kann. Ich vermute mal, dass Herr Flemming in Gedanken schon beim Feierabendbierchen war, als ihm im vorübergehen auffiel, dass da was faul war in der sorgsam angemischten Bakteriensuppe.
Für alle, die nicht genau wissen, wie es beim Bakterienzüchten so zugeht, werde ich versuchen, diese Arbeit kurz zu beleuchten: Wenn man – sei es aus Interesse oder aus purer Langeweile – wissen möchte, welche Art von Bakterien man genau vor sich hat, wie sie sich verhalten, wenn sie sich nach Herzenslust austoben können und auf welche Art und Geschwindigkeit sie sich vermehren, dann baut man Ihnen ein schönes Bett aus Nährflüssigkeit auf einem frisch polierten Objektträger oder in einem kuscheligen Petrischälchen und lässt der Natur ihren Lauf. Und obwohl diese kleinen Racker unter ständiger Beobachtung und Vermessung stehen, geben sie sich ganz unbeeindruckt und vermehren sich fröhlich und fleißig. Nun könnte man meinen, Bakterien seien gänzlich schamlos. Das ist allerdings leider nicht ganz so spannend, wie man sich vorstellen würde: Bakterien sind weder Freunde von Romantik noch von schmutzigen Spielchen. Sie teilen sich einfach.

Und trotzdem hatte sich Alexander Flemming diese Mühe gemacht und stellte auf dem Weg ins Wochenende fest: Etwas ist ganz ganz fürchterlich schiefgelaufen!
Nicht nur, dass die Bakterien einen unbekannten neuen Mitbewohner hatten, nein, in dessen Gegenwart schienen sie sich plötzlich doch zu zieren! Nachdem Herr Flemming sich sicherlich fürchterlich geärgert hatte und vermutlich erst seine Assistenten beschimpft hat, dass diese sich gefälligst Ihre verpilzten Pfoten zu waschen hätten, bevor sie mit seinen Kulturen arbeiten, beschloss er, diese ihm unbekannte Zurückhaltung der Bakterien zu untersuchen. Er stellte fest, dass dieser Pilz, der sich ganz ungebeten – vermutlich angelockt von dem verführerisch duftenden Nährboden – in die Petrischale eingeschlichen hatte, nicht nur die Vermehrung der Bazillen stoppte, sondern sie auch abzutöten schien.
Vermutlich hat er Flemming das folgende Wochenende durchgearbeitet, denn am Ende der fleißigen Forschung, die sich diesem „Missgeschick“ anschloss, erhielt er 1944 einen Adelstitel und 1945 den Nobelpreis für die Vorarbeit zur Entdeckung des Penicilins. Ein Mißgeschick, das Millionen Leben rettete! Gott sei Dank hat Herr Flemming die Probe nicht einfach weggeschmissen und sich frustriert an einen neuen Versuchsaufbau gemacht. Erinnern Sie sich noch an das Ende der letzten Kolumne? Sie wissen schon lange, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Wer sagt, dass alles Mist ist, was im ersten Moment danach aussieht? Schauen Sie sich Ihre „Missgeschicke“, „Fehler“ und „Schwächen“ doch nochmal genau an. Vielleicht ist etwas Nobelpreisverdächtiges dabei?

Nicht? Dann vielleicht beim nächstes Mal…und das wird nicht lange auf sich warten lassen. Toll, oder?

Ein sauschönes Wochenende wünscht
Dr. Phil

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Das Buch zur Kolumne, die Kolumne zum Buch
Glücklich werden ohne Ratgeber – Ein Ratgeber

 

Unser Kolumnist Dr. Phil ist auch bekannt als Autor Philipp S. Holstein und hat das Buch “Glücklich werden ohne Ratgeber. Ein Ratgeber” geschrieben.

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