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Phil-osophie am Freitag

Heute ist Freitag. Das ist schonmal eine gute Sache!

Gelegentlich fällt mir auf, dass ich rhetorisch ein bisschen aus der Mode gekommen bin. Das bedingt dann erstaunte Blicke oder ungläubiges Kopfschütteln. So passiert es mir zum Beispiel regelmäßig dann, wenn ich jemandem gratuliere, der mir mitteilt, gerade eine „Krise“ zu durchleben. Krisen haftet ja neuerdings der Beigeschmack der Katastrophe an. Dabei ist eine Krise genau das nicht. Zugegebenermaßen verkleiden sich Krisen gelegentlich als Katastrophen und geben dann mit dem Getöse an, das sie auslösen. Aber schlussendlich sind Krisen Krisen und Katastrophen Katastrophen.

Was will uns Herr Holstein damit wohl wieder sagen? Krisen sind zunächst mal Situationen, die uns aus der Ruhe des Augenblickes reißen und – zumindest gefühlt – umgehend einer Handlung bedürfen. Und tatsächlich stammt das Wort „Krise“ aus dem altgriechischen und bedeutet „Entscheidung“, oder, zumindest wenn man dem Duden glauben schenkt, auch „Entscheidende Wendung“. Die Krise an sich ist also tatsächlich ein Moment, der Veränderung notwendig macht. Das ist zunächst ja mal nichts Schlechtes. Unangenehmerweise mögen wir ja alle Veränderung nicht so sehr und häufig mischt sich noch ein Gefühl von Überforderung mit hinein. Max Frisch brachte es aber sehr treffend auf den Punkt: „Krisen sind ein produktiver Zustand – man muss ihnen nur den Geschmack der Katastrophe nehmen.“

Betrachten wir also den Moment, in dem uns eine Krise einholt, mal als den Zeitpunkt, an dem sich alles Kritische und Negative aufgeschaukelt hat und uns die  Sinnlosigkeit oder Negativität unserer derzeitigen Situation bewusst wird. Sie zwingt uns also, etwas zu verändern. Das Problem ist: Das versteht man normalerweise nicht als Chance, sondern als Bedrohung. Wie ein verschrecktes Eichhörnchen sitzt der Betroffene da und denkt sich: alles ist dahin. Dabei erscheinen Krisen ja selten plötzlich. Meistens sind sie nur die Zuspitzung der Entwicklung von uns bereits bekannten Nervigkeiten und Hindernissen. Dann kommt noch ein Tröpfchen Grippe oder eine andere Unwägbarkeit hinzu und schwupps – schon läuft das Fass über und es erscheint, als breche alles zusammen. Krisen lassen alle vorher weggedrückten Beschwerlichkeiten auf einmal hochploppen und wirken dann so, als würden sie einen schier erdrücken. Nun ist es interessanterweise so, dass eine echte Krise keine weitere Verschiebung duldet. Sie will jetzt angegangen werden und erlaubt auch kaum Kompromisse. Und das macht das ganze so schmerzhaft. Und so erfreulich!  Denn das ist der Moment, in dem man guten Gewissens behaupten kann: Sie waren vermutlich noch nie so kurz davor, glücklich zu werden. Dafür müssen Sie nun nur in die richtige Richtung abbiegen. Und die ist nicht schwer zu finden! Denn genau jetzt sind alle Hindernisse offenbar und sind optimal zu identifizieren und damit anzugehen.  Viel Spaß dabei.

Und damit Sie wissen, dass diese Überlegungen nicht meine aktuellen Überlegungen, sondern uraltes Wissen widerspiegeln, lernen Sie nun ein bisschen chinesisch:  危 bedeutet Gefahr.  机 wiederum bedeutet Chance. Und nun raten Sie mal, was das Chinesische Zeichen für Krise ist? Richtig: 危机.

Ein sauschönes Wochenende wünscht
Philipp S. Holstein

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Unser Kolumnist Dr. Phil ist auch bekannt als Autor Philipp S. Holstein und hat das Buch “Glücklich werden ohne Ratgeber. Ein Ratgeber” geschrieben.

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